Das Wichtigste in Kürze


Die Entwicklung des Vorschulkindes (3.-6. Lbj):


Die soziale Anerkennung:

  1.  Der Mensch ist in jedem Alter für sein psychisches Wohlbefinden auf Geborgenheit und Zuwendung angewiesen. Sich geborgen und angenommen zu fühlen, ist ein Grundbedürfnis von Kind und Erwachsenem.
  2. Zuwendung, ein Gefühl des Angenommenseins, wird vor allem durch die Körpersprache (nicht verbale Kommunikation) vermittelt. Für ein Kind besonders wichtig sind Körper- und Augenkontakt, Mimik und Distanzverhalten.
  3. Je älter ein Kind wird, desto bedeutsamer wird die soziale Anerkennung, die es für Person, Verhalten und Leistung erhält.
  4. Zuwendung und soziale Anerkennung sollen der Person und weniger den Leistungen und dem Verhalten des Kindes gelten.
  5. Ein kindorientierter Umgang zeichnet sich durch eine wohlwollende, aufmerksame Gelassenheit aus, die dem Kind zu verstehen gibt: „Ich bin da, wenn du mich brauchst, dränge mich dir aber nicht auf!“
  6. Für ein Kind ist es vorteilhaft, wenn es von mehreren Bezugspersonen betreut wird. Seine Fähigkeit, Beziehungen aufzubauen, wird größer, es lernt von verschiedenen Vorbildern und hat mehr Erfahrungsmöglichkeiten.

Die Selbst- und Fremdwahrnehmung:

 

  1. In diesem Alter lernen Kinder, dass  Menschen verschieden sind und dass jeder unterschiedliche Stärken und Schwächen hat.
  2. Ab dem 3. Lebensjahr beginnt das Kind, sich als Person bewusst wahrzunehmen (Selbstwahrnehmung).
  3. Je älter ein Kind wird, desto bedeutsamer wird die soziale Anerkennung, die es für Person, Verhalten und Leistung erhält. (Fremdwahrnehmung)
  4. Das Gefühl von Angenommensein wird vor allem durch die Körpersprache vermittelt. Für ein Kind besonders wichtig sind Körper- und Augenkontakt, Mimik und Distanzverhalten.
  5. Die individuellen Fähigkeiten und Verhaltenseigenschaften setzen sich während der Entwicklung immer mehr durch:
    • Die Umwelt bestimmt das Angebot an Erfahrungen, die das Kind machen kann.
    •  Das Kind bestimmt, was es aufnimmt.
  6. Ein Kind in diesem Alter beginnt damit, sich ein inneres Bild machen zu können. Es erinnert sich z.B. an seine Eltern, auch wenn diese nicht da sind. Diese Fähigkeit (Symbolfunktion) ist die Grundvoraussetzung für's Lernen.
  7. Die Aufgaben der Eltern und Bezugspersonen sind:
    • Die Umwelt für das Kind so zu gestalten, dass es entwicklungsspezifische Erfahrungen machen kann,
    • dem Kind Vorbild zu sein,
    •  und das Kind in denjenigen Bereichen zu unterrichten, für die es Interesse zeigt.

Enwicklung des Selbstwertgefühls:

  1. Wohlbefinden ist eine Grundvoraussetzung für die bestmögliche Entwicklung des Kindes.
  2. Ein gutes Selbstwertgefühl ist entscheidend für die zukünftige Beziehungs- und Leistungsfähigkeit.
  3. Wohlbefinden und Selbstwertgefühl eines Kindes werden im wesentlichen durch die folgenden drei Bereiche bestimmt:
    • Geborgenheit
      • Zuwendung und soziale Anerkennung
        • Entwicklung und Leistung
  4. Den Beitrag, den diese drei Bereiche für das Wohlbefinden und das Selbstwertgefühl leisten, verändert sich ständig im Verlauf der Entwicklung (z.B. ist der Anteil Geborgenheit beim Baby der Größte,  ab dem Vorschulalter erhält auch die Leistung mehr und mehr Bedeutung.)
  5. Das Kind lernt seine Entwicklungsmöglichkeiten und seine Leistungsfähigkeit, aber auch deren Grenzen nur kennen und damit umzugehen, wenn es aus sich heraus handeln kann.
  6. Den wichtigsten Beitrag, den Eltern und Bezugspersonen wie Lehrer und Erzieher für die Entwicklung und das Selbstwertgefühl eines Kindes leisten können, ist, ihm die notwendige Geborgenheit und Zuwendung zu geben und es als Person, nicht als Leistungsträger (!), vorbehaltlos zu akzeptieren.

 


Bedingungen für gute Lernerfahrungen:

 

1.Nur wenn sich ein Kind körperlich und psychisch wohl fühlt, kann es sich seinen Möglichkeiten entsprechend entwickeln.

 

2.Jedes Kind hat einen angeborenen Drang, seine soziale und materielle Umwelt begreifen zu wollen. Die treibenden Kräfte der Entwicklung sind Neugier und Eigenaktivität.

 

3.Interessen und Eigenaktivität sind in jedem Altern entwicklungsspezifisch: Das Kind sucht sich aus der Vielzahl möglicher Erfahrungen diejenigen heraus, die seinem Entwicklungsstand entsprechen.

 

4.Der Sinn des kindlichen Lernens liegt nicht im Endprodukt, sondern im Lernprozess selbst. Umwege, Fehlschläge und Enttäuschungen gehören ebenso zur Lernerfahrung wie der Erfolg.

 

5.Die kindliche Entwicklung wird im wesentlichen durch drei Formen des Lernens bestimmt:

 

Soziales/imitatives Lernen: Das Kind orientiert sich am Vorbild vertrauter Personen und ahmt deren Verhaltensweisen und Tun nach.

 

Objektorientiertes Lernen: In der Auseinandersetzung mit Gegenständen erwirbt sich das Kind geistige Fähigkeiten wie Raumvorstellung, kategorisieren oder kausales Denken.

 

Lernen durch Unterweisung: Ein Kind übernimmt Fähigkeiten und Wissen von Erwachsenen. Diese Form des Lernens dient dem Erwerb von Kulturtechniken wie Lesen und Schreiben sowie von Wissen.

6.   Lernerfahrungen sind genauso wichtig wie der Erwerb
      von Fertigkeiten und Wissen. Durch selbstbestimmtes
      lernen eignet sich ein Kind Lern- und Problemlösungs-
     
strategien an und kommt zu einem guten Selbstwertgefühl.


Das Konzept: "Freiheit in Grenzen"

 

1.Der Beitrag der Eltern und der Bezugspersonen zur Entwicklung des Kindes ist:

 

oSoziales Lernen: Sie sind Vorbild, nehmen sich ausreichend Zeit und Muße für gemeinsame Erfahrungen;

 

oObjektorientiertes Lernen: Die Eltern gestalten die materielle und soziale Umgebung so, dass das Kind seinem Entwicklungsalter entsprechende Erfahrungen machen kann;

 

oUnterweisung: Die Eltern lassen das Kind an ihren Aktivitäten teilhaben und unterstützen es so, dass es selbständig zu Erfahrungen und neuen Einsichten kommen kann.

 

2.Die Eltern setzen den Rahmen, in dem das Kind einen angemessenen Spielraum zur Selbstbestimmung erhält. Dieses Konzept heißt: „Freiheit in Grenzen!“ und beinhaltet folgende Aspekte:
oDie Kinder wertschätzen:
Eltern erkennen ihre Kinder als einmalig und besonders an.
Sie behandeln sie in allen Situationen respektvoll.
Sie unterstützen und helfen ihren Kindern, wann immer sie Hilfe brauchen.
Sie freuen sich mit ihren Kindern zusammen zu sein und genießen gemeinsame Aktivitäten.
oFordern und Grenzen setzen:
Eltern trauen ihren Kindern  etwas zu und stellen Forderungen, die die Entwicklung ihrer Kinder voranbringen.
Sie vermeiden Konflikte nicht, sondern tragen sie konstruktiv aus.
Sie haben eine eigene Meinung und vertreten sie überzeugend gegenüber ihren Kindern.
Sie setzen klare Grenzen, die dem Entwicklungsstand ihrer Kinder angemessen sind.
Sie bestehen auf Einhaltung der Grenzen.
oEigenständigkeit der Kinder gewähren und fördern:
Eltern nehmen ihre Kinder mit ihren Bedürfnissen und Ansichten ernst.
Sie sind prinzipiell gesprächs- und kompromissbereit.
Sie geben ihren Kindern Entscheidungsspielraum und stärken dadurch ihre Entscheidungsfähigkeit und Selbstverantwortlichkeit.
Sie eröffnen ihren Kindern die  Möglichkeit, eigene Erfahrungen zu machen.

 

 

3.Die Herausforderung besteht darin, sich als Eltern und Erzieher auf die Individualität des Kindes einzustellen: sein Verhalten  richtig zu „lesen“ und im Umgang mit dem Kind das richtige Maß zu finden.

 


 

 

z.T. aus: Remo H. Largo, Kinderjahre – Die Individualität des Kindes als erzieherische Herausforderung , piper2017

 

•und Klaus A. Schneewind/ Beate Böhmert: „Freiheit in Grenzen“