Das Wichtigste in Kürze:


Die Entwicklung des Kleinkindes im 2. u. 3. Lebensjahr:


Grundlagen:

 

1.      Das Kind hat einen inneren Drang sich zu entwickeln. Es will wachsen und sich Fähigkeiten und Wissen aneignen.

 

2.     Die kindliche Entwicklung ist einheitlich in der Abfolge der Entwicklungsstadien. Sie ist aber sehr vielfältig hinsichtlich des zeitlichen Auftretens und der Ausprägung bestimmter Verhaltensmerkmale.

 

3.      Wegen der großen Vielfalt in der kindlichen Entwicklung sollten sich die Eltern am aktuellen Entwicklungsstand und den Bedürfnissen des Kindes orientieren. Normvorstellungen, überlieferte Grundhaltungen und fest gefügte Ratgeberkonzepte entsprechen nicht den individuellen Bedürfnissen des Kindes.

 

4.    Die zwei wichtigsten Formen des Lernens in den ersten Lebensjahren sind das soziale Lernen und das explorative Lernen:

 

  • Das soziale Lernen beruht auf der Fähigkeit zur Nachahmung. Das Kind braucht die Anregung und den Umgang mit vertrauten Personen, um sich sozial, sprachlich und auch geistig zu entwickeln. Die beste und kindgerechteste Art, ein Kind in seiner sozialen und sprachlichen Entwicklung zu fördern, besteht darin, dass Eltern, Geschwister und andere Bezugspersonen das Kind in ihren gegenseitigen Umgang und ihren Tätigkeiten so weit wie möglich mit einbeziehen.
  • In seinem Spiel mit Gegenständen erwirbt das Kind Kenntnisse über die dingliche Umwelt (exploratives Lernen). Für jedes Entwicklungsalter gibt es bestimmte Gegenstände, die als Spielsachen besonders gut geeignet sind.
  • Für jeden Entwicklungsschritt gibt es einen bestimmten Zeitpunkt, an dem das Kind innerlich bereit ist, eine Fähigkeit zu erwerben. Das Kind zeigt uns mit seinem Verhalten, wann es dazu bereit ist. Wir sollten diesen Zeitpunkt erkennen und darauf eingehen.

5.  Das Kind hat einen tiefen inneren Drang, selbständig zu werden. Die Eltern sollten das Kind in den Belangen, in denen es kompetent ist, bestimmen lassen. Die Entwicklung seines Selbstwertgefühls hängt davon ab, wie selbstständig es sein kann.

 

6.  Die Grundlage der Erziehung ist eine positive emotionale Bindung des Kindes an seine Bezugspersonen. Sinnvolle erzieherische Maßnahmen sind positives Verstärken (Loben), Ignorieren und negatives Verstärken (Verbieten) . Jede Form von Körperstrafe ist ungeeignet und daher abzulehnen. Alle Maßnahmen sollten entwicklungs- und kindgerecht sein und konsequent durchgeführt werden. Soziales Verhalten und Wertvorstellungen eignet sich das Kind vor allem über Vorbilder an.

 

7.  Wenn Eltern den Bedürfnissen ihres Kindes gerecht werden wollen, müssen sie die Prioritäten in ihrem Leben neu setzen. Das Kostbarste, das Eltern ihrem Kind geben können, ist ihre Zeit.


Die sozial- emotionale Entwicklung

  1. Die soziale und emotionale Entwicklung macht ab dem 2. Lebensjahr einen enormen Entwicklungssprung:
    • Das Kind nimmt sich selbst als eigenständige Person wahr.
    • Das Kind beginnt, die Gefühle anderer Menschen nachzuempfinden.
    • Das Kind erkennt seinen eigenen Willen und versucht, ihn mit allen Mitteln durchzusetzen. (Trotzreaktionen)
  2. Trotzreaktionen im 2. bis 5. Lbj. gehören zur normalen Entwicklung. Tobsuchtsanfälle und Wut- oder Weinkrämpfe sind ebenso wie Geschwistereifersucht ein normales Verhalten.
  3. Das Kleinkind hat zunehmend Interesse an anderen Kindern, fängt an, mit ihnen zu spielen und von ihrem Verhalten zu lernen (Nachahmung).
  4. Ab dem 2. Lebensjahr beginnen die Kinder, selbständig zu werden (selber essen, an- und ausziehen, usw.) Eltern sollen ihr Kind in seinem Streben nach Selbständigkeit unterstützen. Dadurch entwickeln Kinder ein gutes Maß an Selbstvertrauen.

Der Bewegungsdrang

  1. Schon jetzt lernt ihr Kind von Ihnen, was es darf und was nicht und wie Menschen miteinander umgehen.
  2. Die Basis für einen respektvollen, wertschätzenden aber auch rücksichtsvollen Umgang miteinander wird schon jetzt gelegt.  Das können Sie gezielt unterstützen!
  3. Im Alter von 3- 5 Jahren machen Kinder große motorische und sprachliche Fortschritte.
  4. Der Bewegungsdrang hängt von der familiären Veranlagung, dem Alter und Geschlecht des Kindes, aber auch von den Bewegungsmöglichkeiten und dem Umfeld ab.
  5. Kinder, die ihren Bewegungsdrang nicht befriedigen können, werden missmutig und bereiten ot erzieherische Schwierigkeiten. Ihre motorische Aktivität darf nicht als eine Verhaltensauffälligkeit im Sinne einer Hyperaktivität fehlgedeutet werden.

Die Entdeckung des eigenen Willens

  1. Die soziale und emotionale Entwicklung macht im 2. Lebensjahr einen qualitativen Entwicklungssprung. Ab diesem Alter ist das Kind in der Lage  dazu, sich selbst als Person wahrzunehmen. "Ich- Entwicklung"
  2. Das Kind beginnt, die Gefühle anderer Menschen nachzuempfinden und sich empathisch zu verhalten. Das Kleinkind hat zunehmend Interesse an anderen Kindern. Es will mit ihnen zusammen sein und von ihrem Verhalten und ihren Tätigkeiten lernen.
  3. Das Kind beginnt, seinen eigenen Willen durchzusetzen. Gelingt ihm dies nicht, äußert es seinen Unwillen je nach Temperament in unterschiedlich starken Trotzreaktionen. Trotzreaktionen im 2. bis 5. Lebensjahr gehören zur normalen Entwicklung. Tobsuchtsanfälle und Affekt-/ Weinkrämpfe und nicht gesundheitsschädigend.
  4. Geschwistereifersucht ist ein normales Verhalten. Das Ausmaß der Eifersucht hängt vom Alter und Temperament des Kindes, von der Familienkonstellation und dem elterlichen Erziehungsstil ab.

Der Beginn der Selbständigkeit

  1. Im 2. Lebensjahr beginnen Kinder im Umgang mit dem eigene Körper selbstständig zu werden: selber essen und trinken, Kleidungsstücke an und ausziehen, auf den Topf oder die Toilette gehen. Die Eltern sollten ihr Kind in seinem Streben nach Selbstständigkeit unterstützen. Das Selbstständigwerden trägt wesentlich zu Bildung seines Selbstvertrauens bei.
  2. Im Alter von 2 - 4 Jahren erlebt das Kind häufig einen emotionalen Zwiespalt: Es will sich einerseits die Zuwendung der Eltern bewahren und andererseits selbstständig werden. Das Kind beginnt, sich gegen die Eltern aufzulehnen und versucht, seinen eigenen Willen durchzusetzen.
  3. Eltern können ihr Kind in diesem Entwicklungsprozess unterstützen, indem sie ihm alters- und entwicklungsgerechte Verantwortung übertragen, seine Bedürfnisse respektieren und es so oft wie möglich mit Wahlmöglichkeiten in ihre Entscheidungen mit einbeziehen. Diese Erziehungshaltung erfordert Zeit und Geduld, wird aber mit einer größeren Kooperationsbereitschaft des Kindes belohnt.

Entwicklungsschritte

  1. Beim Schlafen:
    • Fast die Hälfte der Kleinkinder schläft im Laufe eines oder mehrerer Jahre mindestens einmal pro Woche im Elternbett. Häufigster Grund ist das Bedürfnis nach Geborgenheit.
    • Trennungs- und Verlassenheitsängste sowie "magisches Denken" führen dazu, dass Kinder im Verlauf der Nacht das Elternbett aufsuchen. Diese Ängste können duch Ereignisse wie etwa die Geburt eines Geschwisterkindes verstärkt werden.
    • Eltern vermindern die Trennungs- und Verlassenheitsängste, wenn sie dem Kind ein Gefühl von Geborgenheit geben und seine emotionale Selbständigkeit fördern. ( Mehr zum nächtlichen Aufschrecken hier!)

  2. Beim Spielen:
    • Im 2. Lebensjahr lernt das Kind im Spiel eine Fülle von Verhaltensweisen, die ihm zu vielfältigen Erfahrungen und Einsichten verhelfen. Gegenstände aus dem Alltag der Familie und der vertrauten Umgebung des Kindes sind oft weitaus attraktiver als gekaufte Spielsachen.
    • Eltern können zum Spiel ihres Kindes Wesentliches beitragen, wenn sie dem Kind Gelegenheit geben, vielfältige Erfahrungen zu machen, und ihm ein gutes Vorbild sind und das Kind regelmäßig mit anderen Kindern spielen lassen
    • In den Stunden, in denen das Kind fernsieht, spielt es nicht und kann keine Erfahrungen mit anderen Kindern und Erwachsenen machen. Das sollten Eltern bedenken.

       

  3. Beim Trocken werden:
    • Das Alter, in dem Kinder trocken und sauber werden, ist sehr unterschiedlich. Es wird durch die Individuelle Reifung bestimmt.
    • Das Kind zeigt mit seiner Eigeninitiative an, wann es bereit ist, trocken und sauber zu werden. Die Eigeninitiative signalisiert, dass das Kind den Urin- und Stuhlgang bewusst wahrnimmt und diesen nun auch kontrollieren kann.
    • Um sauber und trocken zu werden, braucht das Kind kein Sauberkeitstraining, sondern Vorbilder zum Nachahmen und Unterstützung in seinem Bestreben, selbstständig zu werden.

  4. Beim Essen:
    •  Im 2. Lebensjahr isst das Kind am Familientisch mit. Seine Kost sollte abwechslungsreich und vielseitig sein. Milch bleibt ein wichtiger Mineralstoff- und Eiweißlieferant.
    • Damit ein Kind beim Essen und Trinken selbständig werden kann, braucht es Eltern, Geschwister und andere Bezugspersonen als Vorbilder. Das Kind wird durch Nachahmung selbstständig.
    • Mit 18 bis 24 Monaten können die meisten Kinder selbstständig aus einer Tasse trinken und mit dem Löffel essen.

aus: Remo H. Largo, Babyjahre - Entwicklung und Erziehung in den ersten vier Jahren , piper2010